Iran lässt nicht locker…


Ahmadineschad tut offenbar genau das, was man von ihm erwartet hat. Statt den Staatsmann zu geben, treibt er sein Land weiter ins Abseits und beschwört einen Konflikt herauf, dessen Ausmasse nicht abschätzbar sind.

Fassen wir zusammen:
26.Oktober
Die Konferenz „Eine Welt ohne Zionismus“ ist anlässlich des kommenden Jerusalemtages, dem letzten Freitag des Ramadan-Monats, abgehalten worden. Ayatolla Khomeni hatte diesen Tag als „Tag der Befreiung Jerusalems“ ausgerufen.

Der iranische Präsident Ahmadinejad sprach bei der Konferenz über den Krieg zwischen der islamischen Welt und dem Westen, wobei Israel als Pflock des Westens in der islamischen Welt fungiert. Er äusserte seine Hoffnung auf die Zerstörung Israels:

„Der historische Krieg reicht hunderte von Jahren zurück. Manchmal hat
der Islam gewonnen, manchmal hat niemand gewonnen …“

„Jeder, der die Existenz des unrechtmässigen zionistischen Regimes
anerkennt, erklärt damit die Kapitulation der islamischen Welt. … “

„Auch wer unter dem Druck der Hegemonialmächte oder auf Grund eines
falschen Verständnisses der Sachlage das zionistische Regime anerkennt,
wird im Feuer der unversöhnlichen Wut der Umma [Gemeinschaft der
Muslime] verbrennen.“

„[…] Es gibt aber keinen Zweifel, dass die neue Welle, die in
Palästina begonnen hat und den hohen Stand von Moral und Wachsamkeit in
der islamischen Welt bestens ergänzt, sich darum kümmert, dass die Mitte
der islamischen Welt von dem Schandflecken Israel gesäubert wird. […]
Wir müssen aber auf die Verführungen durch die arroganten hegemonialen
Mächte achten. Seit über 50 Jahren üben die Führer der Weltarroganz
[USA] Druck auf die islamischen Staaten aus, damit diese die falsche
Existenz des Staates Israel anerkennen.“

Aussenminister Peres in einem offenen Brief an Ariel Sharon:

Diese Drohung „verstößt gegen die Charta der Vereinten Nationen und kommt einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleich“… „Man muss dem Uno-Generalsekretär (Kofi Annan) und dem Sicherheitsrat einen klaren und deutlichen Antrag vorlegen, damit der Iran aus der Uno ausgeschlossen wird.“ … „Es ist unvorstellbar, dass an der Spitze eines
Uno-Mitgliedsstaates steht, der zum Völkermord aufruft“

27. Oktober
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte in Berlin:

„Sollten diese Äußerungen tatsächlich gefallen sein, sind sie völlig inakzeptabel und auf das Schärfste zu verurteilen.”

Die Internationale Gemeinschaft reagiert diesmal weniger zurückhaltend und protestiert tatsächlich mal.

28. Oktober
Die FAZ titelt: Iran legt bei verbalen Angriffen gegen Israel nach

Einen Tag nach dem Aufruf von Präsident Ahmadineschad zur Zerstörung Israels hat Iran mit seinen verbalen Angriffen gegen Israel nachgelegt. Teheran erkenne das „zionistische Besatzungsregime” nicht an, sagte Außenminister Manuschehr Mottaki am Donnerstag nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Die jüngsten Äußerungen des Präsidenten seien die erklärte Politik der Islamischen Republik Iran. Deren Führung rief zu Massendemonstrationen gegen Israel an diesem Freitag auf.

Der britische Premierminister Blair sagte, Iran würde als eine „wirkliche Gefahr für unsere Weltsicherheit und Stabilität” wahrgenommen werden, sollte die Regierung in Teheran den eingeschlagenen Weg gegenüber Israel weitergehen. Die Einstellung Irans zu Israel, dem Terrorismus und zur Frage von Nuklearwaffen sei „unannehmbar”.

Wer selber ein paar Takte dazu schreiben möchte:

Botschaft Iran, Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin

iran.botschaft@t-online.de

Die ganze Megille wieder von vorne…

Ein gutes Indiz dafür, dass die Zeit unaufhaltsam voranschreitet, ist das wir schon wieder Bereschit lesen und nun das Jahr tatsächlich erneut wiederholt. Die festliche RoschhaSchanah-Stimmung weicht über Sukkot langsam und war heute am Abend wie weggeblasen: Mir war das Jubiläum der Bundeswehr durchaus bewußt, als ich jedoch heute in Live-Übertragung des Großen Zapfenstreichs zappte, musste ich mich wortwörtlich übergeben. Mir ist nicht ganz klar, was andere an dieser Zeremonie feierlich finden, sie ist einfach beängstigend. Soldaten mit Stahlhelm (vermutlich sind die nichteinmal aus Stahl) in dunklen Uniformen die mit Fackeln vor dem Reichstag aufmarschieren. Seltsame Standarten mit Adlern auf denen ein Bundesadler-Wimpel deplatziert wirkt, adlerähnliche Aufnäher auch an den Uniformen:Die Wirkung der Bilder muss den Verantwortlichen klar gewesen sein, ein enormes Sicherheitsaufgebot sollte die Durchführung des Spektakels sichern. Ein TV-Ereignis das tatsächlich Emotionen freigesetzt hat. Fernsehbilder von Soldaten in grünen Uniformen die Sandsäcke auf Dämme aufbringen verkaufen sich mir besser.
Kleine Schilderung aus Sicht eines Demonstranten hier.

Und weil wir nun schon einmal so ausgezeichnete Laune haben, hier ein kleiner Medien-Rückblick auf die letzten zwei-drei Tage:

Anderes wäre auch seltsam

Da ist wieder eins! Ein Heft über „Juden„. Was zeigt es auf dem Titelbild?? Nein, keine Ultra-Orthodoxen mit Streimel und Bart (Hurra! Diesmal nicht!) – nein, das andere Motiv das immer gezeigt wird… genau ein Mitglied der Tzahal צה“ל-Homepage ; eine charmante junge Dame in Uniform und Sturmgewehr (leider kein Hinweis, wo man das Coverbild als Poster bestellen kann). Unten im Bild steht dann „Juden“. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob hier mit den Vorurteilen der Leser gespielt wird, oder ob die Auswahl ungeschickt ist. Das Heft „Juden“ ist eine Ausgabe der Zeitschrift dummy.


Gehen wir deshalb zum Inhalt:

Ein Thema heißt: „GLOBALISIERUNGS-BEWEGUNG / Wo in aller Welt die Juden sind“, ein anderes ist ein (sehr gutes) Interview mit Düsseldorfs dynamischen Gemeinderabbiner Julien Soussan – pdf davon hier mit dem Titel „Ein normales Verhältnis wäre annormal„; dann ein Artikel über jüdische Emigranten
„DAS GELOBTE LAND / Ausgerechnet Deutschland ist heute das beliebteste Einwanderungsziel für jüdische Immigranten“ oder „DER LEBERKÄSBOMBER / Warum das erste ultraorthodoxe Hotel in Österreichs Alpendorf Hinterglemm manchen nicht ganz koscher ist“; dann wieder Themenschwenk nach Israel „Witzvorlage / Die Teenager-Schmonzette »Eis am Stiel« ist bis heute das fruchtbarste Beispiel deutsch-israelischer Zusammenarbeit“. Aha, seltsam, dass da vorher übrigens niemand drauf gekommen ist; ich kann übrigens mit Stolz berichten, einen der Darsteller kennengelernt zu haben…; wir bemerken aber eines: Die Redaktion von „dummy“ mag Wortspiele (ich lass das mal unbewertet). Dann aber wieder etwas aus dem Themenbereich Die-gehören-ja-doch-irgendwie-zu-uns „UND JETZT MAL TACHELES! / Die schönsten deutschen Wörter sind jiddischen Ursprungs“; dann abermals Themenwechsel: „GEGEN DIE WAND / Mit dem Bau des »Sicherheits-Zauns« schützt Israel sich vor Anschlägen. Auf der anderen Seite herrscht Ausnahmezustand. Ein Besuch im ärmsten Teil der Westbank“ – Werden hier die „Opfer“ der Juden besucht? Keine Ahnung was das soll. Dann ein Thema, dessen Titel mich dann doch sehr irrtierte: „SCHLAUE RASSE-BANDE / Neue, gefährliche Antworten auf die Frage, warum so viele Juden Nobelpreise gewinnen“ etc. etc. Viele Sprünge zwischen Israel und Deutschland, wobei „Juden“ wohl nur wie ein kurzer thematischer Hinweis sein sollte. Übrigens versucht sich in dem Heft, auch Dr. Oliver Gehrs zu rehabilitieren, der sich zu Unrecht von Henryk Broder als Antisemit dargestellt sieht (Bericht in meinem Blog) und pdf des Artikels hier. Bei der Themenvielfalt wird es dem nichtjüdischen Leser schwerfallen, irgendwelche Schlüsse zum Judentum in Deutschland zu ziehen. Man liest viel, entdeckt vieles wieder, wundert sich, staunt auch mal, aber bleibt zum Schluß wieder sich selber überlassen. Wenn Du Vorturteile hattest, als Du das Heft kauftest, wirst Du auch danach welche haben, wenn Du ein großer Philosemit bist, dann ist die Photoreportage über Frauen in der israelischen Armee in Deinem Heft nach einer Woche ganz abgegriffen, wenn Du ein normales Verhältnis zu Juden hast (vielleicht weil Du welche kennst und deshalb dieses Wort keine ‚magische‘ Wirkung mehr hat), wirst Du dich ein paar Minuten gut unterhalten fühlen, wenn Du selber jüdisch bist, wirst Du nichts neues finden. Lies lieber das jüdische „heeb-magazine„!! Die neue Ausgabe ist nämlich großartig.


Unschlagbar ist die neue Themenauswahl… Nichts über Juden; sondern von Juden für Juden mit der nötigen Selbstironie und dem nötigen style…

Schanah Towah! (und Ramadan Mubarak)

Allen bekannten und unbekannten Leserinnen und Lesern dieses Blogs (und talmud.de) auch auf diesem Wege „Schanah Towah“!

שנה טובה ומתוקה לכולם

In diesem Jahr fällt Rosch haSchanah mit dem Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan zusammen – eine nicht zu unterschätzende Tatsache! Das Verhältnis zum Islam spielt auch über dieses Zusammentreffen der beiden Daten eine Rolle an Rosch haSchanah, lesen wir doch im Torah-Abschnitt für den ersten Tag (Bereschit| 1.Mose 21:1-21:34) die Geschichte über die Vertreibung von Hagar aus dem Zelt Abrahams durch Sarah. Hagar setzt sich unter einen Busch in der Wüste um zu sterben. HaSchem selbst sorgt sich dann um Hagar (durch einen Engel) und fordert sie auf zurückzugehen. Es wird ihr prophezeit, dass ihr Sohn Ischmael Vater einer großen Nation sein wird.
Ischmaels Halbbruder Jitzchak wird der Vorfahre des jüdischen Volkes und Ischmael der Vater der arabischen Völker. Ein nicht gerade hoffnungsvoller Beginn für die jüdisch-muslimischen Beziehungen?
Nicht unbedingt! Ischmael geht nach Mizrajim (Ägypten) aber wenig später heisst es in der Torah, dass er zur Beisetzung seines Vaters Abraham nzur Höhle von Machpela kommt um diesen mit seinem (Halb-) Bruder durchzuführen. Ein gemeinsamer Verlust führt die beiden Brüder zusammen, sie haben die gleiche Herkunft.
Der britische Oberrabbiner Jonathan Sacks merkte in einer Draschah zum Schabbat „Chaje Sarah“ an, dass einige Weise klare Hinweise erkannt hätten, die anmerken, dass Ischmael und Jitzchak sich schon vor dem Tod ihres Vaters versöhnt hätten:
Der erste Hinweis. Der Ort von dem Jitzchak kommt, wenn Rebekka ihn erblickt: Beer lachaj Roi. Die Torah nennt diesen Ort nur ein einziges Mal zuvor (Bereschit| 1. Mose 16:14). Es ist der Ort, an dem Hagar den Engel trifft und ihr aufträgt, ihren Sohn Ischmael zu nennen. Der Ort wird mit Ischmael assoziiert. Warum ist Jitzchak dorthin gegangen? Um sich mit seinem Bruder zu versöhnen.
Der zweite Hinweis. Abrahams Wiederheirat! Wer ist wohl Keturah? Die Weisen sagten, es sei Hagar, denn es ist ja nicht unüblich, dass Personen in der Torah mehr als einen Namen hätten. Jitro hatte sogar sieben Namen.
Abraham selber wollte Ischmael und Hagar auch nicht wegschicken (Bereschit| 1.Mose 21:11). Nach dem Tode Sarahs kehrte Hagar in Ehren zurück zu Abraham.

In einem Midrasch (Pirkej deRabbi Eliezer; 30) wird sogar erzählt, dass Abrahan Ischmael zu zwei Gelegenheiten besuchen wollte, ihn aber nicht antraf. Beim ersten Mal schickte Ischmaels Frau ihn weg und verweigert ihm Brot und Wasser (weil sie nicht wusste, wer der Besucher war). Ischmael trennte sich daraufhin von ihr und heiratete eine Frau namens Fatimah. Bei Abrahams zweiten Besuch ist wieder nur Ischmaels Frau zuhause, diesmal Fatimah. Obwohl sie die Identität des Fremden nicht kennt, gibt sie ihm Speisen und Getränke. Im Midrasch heisst es: „Abraham stand auf und betete zu HaKadosch Baruch Hu, und Ischmaels Haus wurde voll mit guten Sachen. Als Ischmael zurückkehrte, erzählte seine Frau ihm davon und Ischmael wußte, dass sein Vater ihn noch liebte“.

Trotz des anfänglichen Konfliktes fanden beide Seiten zueinander. So kann es auch zwischen Judentum und Islam Freundschaft, Verständnis und beiderseitigen Respekt geben. Vielleicht ist das eine unserer Aufgaben für das Jahr 5766.